Was ist Syphilis?
Syphilis ist eine bakterielle Geschlechtskrankheit, die durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht wird. Die Infektion wird hauptsächlich beim ungeschützten Vaginal-, Anal- oder Oralverkehr übertragen. Auch eine Übertragung von der Mutter auf das ungeborene Kind während der Schwangerschaft ist möglich.
In den letzten Jahren ist die Zahl der Syphilis-Fälle in Deutschland und Europa deutlich gestiegen. Besonders betroffen sind Männer, die Sex mit Männern haben, aber auch heterosexuelle Übertragungen nehmen zu. Die gute Nachricht: Syphilis ist mit Antibiotika in allen Stadien gut behandelbar.
Übertragungswege und Ansteckungsrisiko
Syphilis wird vor allem durch direkten Kontakt mit infektiösen Geschwüren oder Schleimhäuten übertragen. Die häufigsten Übertragungswege sind:
Sexueller Kontakt: Vaginal-, Anal- und Oralverkehr ohne Kondom sind die Hauptübertragungswege. Das Bakterium dringt über kleinste Verletzungen in Haut oder Schleimhaut ein.
Mutter-Kind-Übertragung: Eine unbehandelte Syphilis kann während der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind übertragen werden und zu schweren Komplikationen führen.
Blutübertragung: Theoretisch möglich über Bluttransfusionen oder gemeinsam genutzte Spritzen, in der Praxis aber sehr selten.
Das Ansteckungsrisiko ist besonders hoch im Primär- und Sekundärstadium, wenn infektiöse Geschwüre oder Hautausschläge vorhanden sind. Aber auch im Latenzstadium ohne sichtbare Symptome kann die Infektion übertragen werden.
Symptome und Stadien der Syphilis
Syphilis verläuft klassischerweise in mehreren Stadien, die sich über Jahre erstrecken können. Viele Infektionen verlaufen jedoch ohne deutliche Symptome, weshalb die Erkrankung oft unbemerkt bleibt.
Primärstadium: Das erste Geschwür
Zeitpunkt: 2-3 Wochen nach der Ansteckung (manchmal auch 10-90 Tage)
Das erste Anzeichen ist ein schmerzloses, hartes Geschwür (Ulkus) an der Eintrittsstelle des Erregers – meist an Penis, Vagina, After oder im Mundbereich. Das Geschwür wird auch “harter Schanker” genannt und ist hochinfektiös.
Typische Merkmale:
- Schmerzlos und derb
- Runder oder ovaler Rand
- Nässend oder verkrustet
- Heilung auch ohne Behandlung nach 3-6 Wochen
- Oft begleitet von schmerzlosen Lymphknotenschwellungen
Viele Betroffene übersehen dieses Stadium, da das Geschwür nicht schmerzt und an versteckten Stellen auftreten kann.
Sekundärstadium: Hautausschlag und Allgemeinsymptome
Zeitpunkt: 6-8 Wochen nach Infektion (kann bis zu 6 Monate dauern)
Wenn die Infektion unbehandelt bleibt, breitet sich das Bakterium über das Blut im ganzen Körper aus. Typische Symptome sind:
Hautveränderungen:
- Nicht juckender Ausschlag an Handflächen und Fußsohlen (sehr charakteristisch)
- Rötlich-braune Flecken am ganzen Körper
- Condylomata lata: nässende, warzenähnliche Papeln im Genital- und Analbereich
Allgemeinsymptome:
- Leichtes Fieber
- Abgeschlagenheit und Müdigkeit
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Lymphknotenschwellungen
- Haarausfall in fleckigen Bereichen
- Entzündungen der Augen oder Leber
Diese Symptome können kommen und gehen und werden oft mit anderen Erkrankungen verwechselt. Auch im Sekundärstadium ist die Ansteckungsgefahr sehr hoch.
Latenzstadium: Die stille Phase
Zeitpunkt: Nach Abklingen der Sekundärsymptome
In diesem Stadium gibt es keine sichtbaren Symptome mehr, das Bakterium ist aber weiterhin im Körper vorhanden. Das Latenzstadium kann Jahre oder Jahrzehnte andauern.
Man unterscheidet:
- Frühe Latenz (erstes Jahr): Rückfälle mit Sekundärsymptomen möglich, noch ansteckend
- Späte Latenz (nach einem Jahr): Keine Ansteckungsgefahr mehr über Sexualkontakt, aber weiterhin behandlungsbedürftig
Tertiärstadium: Schwere Organschäden
Zeitpunkt: Viele Jahre bis Jahrzehnte nach Infektion (bei unbehandelter Syphilis)
Heute ist das Tertiärstadium dank guter Diagnostik und Behandlung selten geworden. Unbehandelt kann es aber zu schweren Komplikationen kommen:
- Neurosyphilis: Befall des Nervensystems mit Lähmungen, Demenz, Persönlichkeitsveränderungen
- Kardiovaskuläre Syphilis: Schädigung von Herz und großen Blutgefäßen
- Gummen: Knotenartige Gewebezerstörungen in Haut, Knochen und Organen
Diese Spätkomplikationen sind irreversibel und können lebensbedrohlich sein. Deshalb ist eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung so wichtig.
Syphilis-Test: Diagnose und Testverfahren
Wann sollte ich mich testen lassen?
Ein Syphilis-Test ist sinnvoll bei:
- Wechselnden Sexualpartner:innen (regelmäßig alle 3-6 Monate)
- Ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit neuen Partner:innen
- Verdacht auf Ansteckung oder Kontakt zu infizierter Person
- Sichtbaren Geschwüren oder Hautveränderungen im Genitalbereich
- Grippeähnlichen Symptomen mit Hautausschlag
- Geplanter Schwangerschaft (Vorsorgeuntersuchung)
- Schwangerschaft (wird routinemäßig getestet)
Wie läuft der Test ab?
Bluttest (Standardverfahren):
Der häufigste Test ist eine Blutuntersuchung, bei der nach Antikörpern gegen Treponema pallidum gesucht wird. Es gibt zwei Arten von Tests:
Screening-Tests (TPPA, TPHA, EIA): Diese Tests weisen spezifische Antikörper nach und zeigen, ob man jemals mit Syphilis in Kontakt war.
Bestätigungstests (VDRL, RPR): Diese Tests zeigen die Aktivität der Infektion an und werden zur Verlaufskontrolle genutzt.
Direktnachweis:
Bei frischen Geschwüren kann Sekret aus dem Geschwür entnommen und mikroskopisch oder mittels PCR untersucht werden. Dies ist besonders im Primärstadium sinnvoll, wenn noch keine Antikörper nachweisbar sind.
Liquoruntersuchung:
Bei Verdacht auf Neurosyphilis wird Nervenwasser (Liquor) aus dem Rückenmarkskanal entnommen und untersucht.
Wie lange dauert es bis zum Ergebnis?
- Schnelltests: Ergebnis innerhalb von 15-30 Minuten (werden vor Ort ausgewertet)
- Labortests: Ergebnis meist nach 1-3 Tagen
- PCR-Tests: Ergebnis nach 1-2 Tagen
Diagnostisches Fenster beachten
Wichtig: Antikörper gegen Syphilis sind erst etwa 2-3 Wochen nach der Ansteckung nachweisbar. Bei einem Test direkt nach einem Risikokontakt kann das Ergebnis also noch negativ sein, obwohl eine Infektion vorliegt. Im Zweifelsfall sollte der Test nach 4-6 Wochen wiederholt werden.
Wo kann ich mich testen lassen?
Hausärzt:innen: Klassischer Anlaufpunkt, Test auf Kassenkosten bei medizinischer Indikation
Gesundheitsämter: Oft anonyme und kostenlose Tests, besonders für STI-Screenings
STI-Ambulanzen: Spezialisierte Beratungsstellen in größeren Städten
Gynäkolog:innen/Urolog:innen: Fachärztliche Untersuchung bei Verdacht
AIDS-Hilfen: Viele bieten STI-Tests und Beratung an
Privatlabore: Tests ohne Überweisung möglich, Kosten selbst zu tragen
Die meisten Gesundheitsämter bieten anonyme Testungen an – das bedeutet, dass keine persönlichen Daten erfasst werden.
Behandlung: So wird Syphilis therapiert
Die gute Nachricht: Syphilis ist in allen Stadien mit Antibiotika heilbar. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser ist die Prognose.
Standardtherapie mit Penicillin
Benzathin-Penicillin G ist das Mittel der Wahl. Es wird als Injektion in den Muskel verabreicht.
Dosierung je nach Stadium:
- Primär- und Sekundärstadium: Eine Einzeldosis (2,4 Millionen Einheiten)
- Frühes Latenzstadium: Eine Einzeldosis
- Spätes Latenzstadium oder unklare Dauer: Drei Injektionen im Abstand von je einer Woche
- Neurosyphilis: Hochdosiertes Penicillin intravenös über 10-14 Tage
Alternative Antibiotika bei Penicillinallergie
Bei nachgewiesener Penicillinallergie können alternativ eingesetzt werden:
- Doxycyclin: 2-mal täglich 100 mg über 14-28 Tage (je nach Stadium)
- Ceftriaxon: Tägliche Injektion über 10-14 Tage
- Azithromycin: In einigen Regionen möglich, aber Resistenzen bekannt
Die Wirksamkeit alternativer Antibiotika ist geringer als bei Penicillin, weshalb eine Desensibilisierung bei Allergie erwogen werden sollte.
Jarisch-Herxheimer-Reaktion
Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Behandlungsbeginn kann es zu einer vorübergehenden Verschlechterung mit Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Verstärkung der Hauterscheinungen kommen. Diese Reaktion entsteht durch den massenhaften Zerfall von Bakterien und ist nicht gefährlich. Paracetamol oder Ibuprofen können die Beschwerden lindern.
Kontrolluntersuchungen nach Behandlung
Nach der Therapie sind regelmäßige Blutkontrollen wichtig, um den Behandlungserfolg zu überwachen:
- Nach 3, 6 und 12 Monaten (bei Früh-Syphilis)
- Nach 3, 6, 12 und 24 Monaten (bei Spät-Syphilis)
Die Antikörpertiter sollten deutlich abfallen. Bleiben die Werte hoch oder steigen wieder an, ist eine erneute Behandlung nötig.
Partner:innen-Benachrichtigung
Wichtig: Alle Sexualpartner:innen der letzten 3-12 Monate (je nach Stadium) sollten informiert, getestet und gegebenenfalls mitbehandelt werden, auch wenn sie keine Symptome haben. Dies unterbricht die Infektionskette und schützt vor Wiederansteckung.
Syphilis in der Schwangerschaft
Eine unbehandelte Syphilis während der Schwangerschaft ist besonders gefährlich und kann zu schweren Komplikationen führen:
- Fehlgeburt oder Totgeburt
- Frühgeburt
- Angeborene Syphilis (Syphilis connata) beim Neugeborenen
Bei angeborener Syphilis können auftreten:
- Hautausschläge
- Vergrößerte Leber und Milz
- Knochenveränderungen
- Spätfolgen wie Taubheit, Zahnfehlbildungen, Augenschäden
Screening in der Schwangerschaft: In Deutschland ist der Syphilis-Test fester Bestandteil der Schwangerschaftsvorsorge und wird bei der ersten Untersuchung durchgeführt. Bei Risikofaktoren wird der Test im dritten Trimester wiederholt.
Behandlung: Eine rechtzeitige Behandlung mit Penicillin schützt das ungeborene Kind zuverlässig. Die Therapie sollte idealerweise bis zur 16. Schwangerschaftswoche abgeschlossen sein.
Schutz und Prävention
Kondome nutzen
Kondome und Femidome bieten guten Schutz vor Syphilis, aber keinen hundertprozentigen. Da die Erreger auch über Hautkontakt außerhalb des vom Kondom bedeckten Bereichs übertragen werden können, ist das Risiko nicht vollständig ausgeschlossen.
Schutztipps:
- Kondome konsequent bei Vaginal-, Anal- und Oralverkehr verwenden
- Auf sichtbare Geschwüre oder Hautveränderungen achten
- Bei Unsicherheit auf sexuellen Kontakt verzichten
- Mehr über einvernehmlichen Sex und Grenzen erfahren
Regelmäßige Tests
Bei wechselnden Sexualpartner:innen sind regelmäßige STI-Tests (alle 3-6 Monate) die wichtigste Präventionsmaßnahme. So können Infektionen frühzeitig erkannt und behandelt werden, bevor Spätfolgen auftreten.
Offene Kommunikation
Sprich offen mit Partner:innen über sexuelle Gesundheit, vergangene STI-Tests und mögliche Infektionen. Nur so kann ein verantwortungsvoller Umgang mit sexueller Gesundheit gelingen.
PrEP und Syphilis
Wer eine HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) einnimmt, sollte besonders auf regelmäßige Syphilis-Tests achten. Die PrEP-Richtlinien sehen Tests alle 3 Monate vor. PrEP schützt nur vor HIV, nicht vor anderen STI wie Syphilis.
Was tun nach einem Risikokontakt?
- Test durchführen: 2-3 Wochen nach dem Kontakt, bei negativem Ergebnis nach 6 Wochen wiederholen
- Symptome beobachten: Auf Geschwüre, Hautausschläge oder Lymphknotenschwellungen achten
- Ärztliche Beratung: Bei Unsicherheit oder Symptomen sofort ärztlichen Rat einholen
Häufige Fragen zu Syphilis
Kann man sich mehrfach mit Syphilis anstecken?
Ja, eine durchgemachte Syphilis-Infektion schützt nicht vor einer erneuten Ansteckung. Nach erfolgreicher Behandlung ist man nicht immun und kann sich jederzeit wieder infizieren.
Sind Syphilis-Antikörper ein Leben lang nachweisbar?
Die spezifischen Antikörper (TPPA, TPHA) bleiben meist lebenslang positiv, auch nach erfolgreicher Behandlung. Die Aktivitätstests (VDRL, RPR) sollten nach Behandlung negativ werden oder deutlich abfallen.
Kann Syphilis auch über Küssen übertragen werden?
Ja, wenn infektiöse Geschwüre im Mund- oder Rachenbereich vorhanden sind, ist eine Übertragung über Küssen theoretisch möglich, aber selten.
Sind Selbsttests für zu Hause sinnvoll?
Schnelltests für zu Hause sind verfügbar, aber oft weniger zuverlässig als Labortests. Bei positivem Ergebnis ist immer eine ärztliche Bestätigung nötig. Für ein vollständiges STI-Screening sind Labortests vorzuziehen.
Kann man Syphilis auch ohne Symptome haben?
Ja, viele Syphilis-Infektionen verlaufen ohne deutliche Symptome, besonders im Latenzstadium. Regelmäßige Tests sind daher bei Risikokontakten wichtig.
Fazit: Syphilis ernst nehmen und frühzeitig handeln
Syphilis ist eine gut behandelbare Geschlechtskrankheit, die jedoch unbehandelt schwere Folgen haben kann. Die Zahl der Neuinfektionen steigt, weshalb Aufklärung und Prävention wichtiger denn je sind.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
✓ Syphilis wird hauptsächlich beim ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen
✓ Symptome verlaufen in Stadien und können unauffällig sein
✓ Regelmäßige Tests bei wechselnden Partner:innen sind entscheidend
✓ Die Diagnose erfolgt über Bluttests, die Antikörper nachweisen
✓ Syphilis ist mit Antibiotika (Penicillin) in allen Stadien heilbar
✓ Je früher die Behandlung, desto besser die Prognose
✓ Kondome bieten guten, aber nicht hundertprozentigen Schutz
✓ Partner:innen sollten informiert und mitbehandelt werden
Wichtig: Bei Verdacht auf eine Syphilis-Infektion oder nach Risikokontakten solltest du dich zeitnah testen lassen. Anonyme und oft kostenlose Tests sind bei Gesundheitsämtern, AIDS-Hilfen und STI-Ambulanzen möglich. Je früher eine Infektion erkannt wird, desto einfacher und erfolgreicher ist die Behandlung.
Sexuelle Gesundheit ist ein wichtiger Teil des allgemeinen Wohlbefindens. Offene Kommunikation, regelmäßige Tests und konsequenter Schutz helfen, Infektionen zu vermeiden und sich und andere zu schützen.



